Warum die Mimose und kein Veilchen?
07. März, von Ute Mathews-Werk
Vor vielen Jahren habe ich alle Museen in Venedig angesehen, da ich als Stadtführerin vor meinen Kunden und ganz allgemein mitreden wollte. Nur die Galleria dell’ Accademia hatte ich mir aufgespart, weil ich wusste, dass sie mich nicht sehr interessieren würde.
Ganz zufällig habe ich mich an einem 8. März zähneknirschend auf den Weg zum Museum gemacht und widerstrebend einen 20-Euro-Schein auf den Tresen gelegt.
Der Kassierer wollte ihn nicht annehmen, weil doch Frauentag war und damit die Damen in allen Museen freien Eintritt haben. Er war etwas empört, dass ich es nicht wusste.
Ich habe mich so gefreut und bin im Geschwindmarsch durch die Accademia gegangen, war nach ca. 1 ½ Stunden wieder draußen und richtig froh, dafür keinen Eintritt bezahlt zu haben. Diese düsteren, sich gleichenden, riesigen Gemälde mit biblischen Motiven sind nicht mein Geschmack.
Aber dank des Frauentags, den ich als Westdeutsche nicht kannte, war ich kostenlos einmal drinnen und kann mit ruhigem Gewissen sagen: Ich war da und gehe nie wieder hin.
Der italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano hat vorgeschlagen, den Eintritt für Frauen folgenden Einrichtungen kostenlos anzubieten: In archäologischen Parks, monumentalen Anlagen, Museen, Schlössern, historischen Gärten und Villen, sowie anderen Kulturstätten.
In Italien wurde die Mimose als Symbol für den Frauentag am 8. März gewählt. In Ligurien werden über 200 Hektar des Mimosenbaumes angebaut, das sind ca. 90 % der Gesamtproduktion an Mimosen in ganz Italien.
Warum die Mimose und kein Veilchen, wie im übrigen Europa üblich?
Die Idee kam von drei Italienerinnen, Teresa Noce, Teresa Mattei und Rita Montagnana. Sie schlugen 1946 die Silber-Akazie vor, weil die Veilchen zu teuer waren.
Die Mimose hingegen war günstig, fast umsonst, da die in Italien wild wuchs.
So wurde die Mimose als Frauentagsblume gewählt.
Am 8. März wird die Mimose in ganz Italien an Frauen verschenkt, sogar im Supermarkt und in Einkaufsstraßen. Auch die Männer sind gut beraten, ihrer Liebsten am 8. März einen Mimosenstrauß zu schenken!
In den 1950er Jahren, während des Kalten Krieges, wurde der 8. März und das Verteilen der Mimosen zu einer „Geste zum Stören der öffentlichen Ordnung“, auch die Zeitschrift Unione Donne Italiane (UDI), Noi donne.
Im Jahre 1959 machten einige Sozialistinnen, Senatoren und eine Kommunistin eine Eingabe, den 8. März zum Nationalfeiertag zu erklären. Der Gesetzesentwurf wurde abgelehnt.
Das politische Klima veränderte sich, aber der Entwurf blieb aber bis in die 1970er Jahre verborgen. Bis die Frauenbewegung (il movimento femminista) aktiv wurde.
Die Schauspielerin Jane Fonda feierte mit den Römerinnen am 8. März 1972 auf dem Campo de’ Fiori den Frauentag.
Die Aktion wurde verbunden mit den Forderungen Homosexuelle zu befreien und z.B. die Abtreibung legalisiert werden sollte.
Die Polizei beendete die Veranstaltung und noch heute erinnern viele Straßen und Gärten an den 8. März, weil sie nach ihm benannt wurden.
Am diesjährigen Frauentag werde ich wieder eine Entdeckungstour durch Venedigs Museen machen. In einigen Häusern war ich vor langer Zeit und eine Auffrischung kann nicht schaden. Nein, die Accademia steht nicht auf dem Plan!