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Das dramatische Schicksal des Fondaco dei Tedeschi!

Was wird aus dem historischen Palast am Canal Grande?

Luxus-Kaufhaus oder Kultur-Kathedrale?

Das dramatische Schicksal des Fondaco dei Tedeschi!
Der Fondaco dei Tedeschi, ein ikonisches Gebäude direkt am Canal Grande in Venedig, steht erneut vor einem entscheidenden Wandel. Seit Jahrhunderten ein pulsierendes Herzstück des venezianischen Handels, später ein luxuriöses Einkaufsziel, hat das von der DFS Group betriebene Kaufhaus seine Pforten geschlossen.

Diese Entwicklung markiert nicht nur das Ende eines jüngsten Kapitels, sondern wirft auch Fragen nach der zukünftigen Bestimmung dieses architektonischen Juwels auf. Der vorliegende Bericht beleuchtet die aktuelle Situation, die jüngste Vergangenheit seit seiner Wiedereröffnung als Shopping-Mall und die reiche Geschichte dieses Hauses, um ein umfassendes Bild seiner Bedeutung und seiner potenziellen Zukunft zu zeichnen.

Aktuelle Situation: Was nun aus dem Fondaco dei Tedeschi wird – Eine unerwartete Wendung

Die Zukunft des Fondaco dei Tedeschi ist von erheblicher Unsicherheit geprägt, da der Luxuswarenhausbetreiber DFS Group, eine Tochtergesellschaft des LVMH-Konzerns, seine Aktivitäten in Venedig einstellt. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für das Gebäude selbst, seine Mitarbeiter und die Stadt Venedig.

Die direkteste und unmittelbarste Auswirkung dieser Schließung ist das Schicksal der 226 Angestellten des Fondaco dei Tedeschi, die nun Entlassungen und Arbeitslosigkeit befürchten müssen. Darüber hinaus ist die beliebte Dachterrasse, die bisher atemberaubende Ausblicke über Venedig bot und ein großer Anziehungspunkt war, bereits geschlossen und Besuche können nicht mehr gebucht werden.  

Die Gründe für dieses kommerzielle Aus liegen in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten.

Die Hauptursache für die Schließung sind „unhaltbare Verluste“. Das Unternehmen verzeichnete in den letzten fünf Jahren Verluste von über 100 Millionen Euro, davon allein 17,3 Millionen Euro im Jahr 2024. Diese finanziellen Probleme spiegeln die „schwerwiegenden wirtschaftlichen Herausforderungen“ wider, denen sich der globale Reiseeinzelhandel gegenübersieht.

Diese Herausforderungen wurden durch die Auswirkungen der Pandemie und einen „erheblichen Rückgang der Touristenzahlen, insbesondere aus Asien“, noch verstärkt. Die Entscheidung von DFS ist zudem Teil einer „breiteren globalen Umstrukturierungsmaßnahme“ des Unternehmens.  

Die Situation des Fondaco dei Tedeschi veranschaulicht eine tiefere Verschiebung im Luxuseinzelhandel und im internationalen Tourismus. Die Abhängigkeit von spezifischen Touristengruppen, wie den asiatischen Reisenden, machte das Geschäft anfällig für globale Reisebeschränkungen und -verschiebungen.

Es wird deutlich, dass das Geschäftsmodell eines Multi-Brand-Luxuskaufhauses, selbst an einem so prominenten Standort und mit einzigartiger Architektur, möglicherweise nicht nachhaltig war. Beobachter merkten an, dass ein Luxus-Shopping-Center in Venedig von vornherein zum Scheitern verurteilt war, da wohlhabende Käufer in Venedig dazu neigen, direkt die individuellen Markenboutiquen aufzusuchen, anstatt ein Kaufhaus zu besuchen. Dies deutet auf eine grundlegende Markt-Fehlkalkulation hin, die über die Pandemie hinausgeht.  

Die Immobiliengesellschaft Regia, die das Gebäude besitzt , und Edizione Holding (die Benetton-Familie), die Eigentümerin der Immobilie , haben nun weniger als ein Jahr Zeit, um einen neuen Betreiber oder eine neue Nutzung für das historische Gebäude zu finden. Die Zukunft des Gebäudes ist „ungewiss“ , zumal sein Status als „geschütztes Denkmal“ „Änderungen stark einschränkt“.

Dies stellt ein erhebliches Dilemma dar: Wie kann man wertvolles architektonisches Erbe bewahren und gleichzeitig eine wirtschaftliche Lebensfähigkeit sicherstellen? Das Scheitern des Kaufhauskonzepts zeigt, dass selbst erhebliche Investitionen und renommierte architektonische Umgestaltungen keine Garantie für kommerziellen Erfolg sind, wenn strenge Denkmalschutzauflagen auf sich wandelnde Marktanforderungen treffen. Die Suche nach einer neuen Nutzung wird ein Balanceakt zwischen Bewahrung und Innovation sein.  

In Online-Diskussionen werden bereits verschiedene Ideen für die zukünftige Nutzung des Fondaco dei Tedeschi geäußert. Vorschläge reichen von einem Wohnkomplex ausschließlich für Venezianer mit Geschäften im Erdgeschoss, um das Leben der Bewohner zu unterstützen , bis hin zu einem großen Kultur- und Ausstellungsraum.

Kritiker dieser Vorschläge weisen jedoch darauf hin, dass die Umwandlung in Wohnraum ohne „größere Renovierungen, die viel Geld kosten und wahrscheinlich gestoppt würden, weil das Gebäude geschützt ist,“ schwierig wäre. Zudem wird bezweifelt, ob Venedig tatsächlich weiteren Raum für Geschäfte benötigt. Diese Debatte unterstreicht die Herausforderung, eine Funktion zu finden, die sowohl den historischen Wert des Gebäudes respektiert als auch den aktuellen Bedürfnissen Venedigs gerecht wird.  

Chronologie der Schließung des Fondaco dei Tedeschi

November 2024DFS Group kündigt Schließung an
Frühjahr 2025Voraussichtliches Ende der Ladenaktivitäten
30. April 2025Ende der kommerziellen Aktivitäten (italienische Quelle)
1. Mai 2025Offizielles Schließungsdatum des Geschäfts (Designboom, Wikipedia)
September 2025DFS Italia stellt Geschäftstätigkeit vollständig ein; Rückgabe der Immobilie an den Eigentümer Edizione Holding
AktuellDachterrasse geschlossen, Besuche nicht mehr buchbar

Jüngste Vergangenheit: Vom historischen Handelshaus zum Luxus-Shopping-Mekka – Eine ambitionierte Transformation

Die jüngste Vergangenheit des Fondaco dei Tedeschi ist geprägt von einer ambitionierten Transformation, die das historische Gebäude in ein modernes Luxus-Shopping-Mekka verwandelte. Nach einer umfassenden Renovierung, die zwischen 2014 und 2016 abgeschlossen wurde , öffnete das Gebäude 2017 als luxuriöses Kaufhaus unter der Leitung der DFS Group seine Pforten.

Die Benetton-Familie, Eigentümerin der Immobilie über ihre Edizione Holding, hatte die Transformation des 9.000 Quadratmeter großen Gebäudes bereits 2009 in Auftrag gegeben. Für die DFS Group, einen in Hongkong ansässigen Luxuseinzelhändler und Teil des LVMH-Konzerns , war der Fondaco dei Tedeschi das einzige Geschäft in Europa , was seine strategische Bedeutung unterstrich.  

Die architektonische Umgestaltung wurde vom renommierten Büro OMA unter der Leitung von Rem Koolhaas, Ippolito Pestellini Laparelli und Silvia Sandor durchgeführt. Ihr Ansatz war visionär: Sie behandelten das Gebäude als ein „Palimpsest“, als eine überlagerte und vielschichtige Struktur, die im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Veränderungen erfahren hatte.

Ziel war es, das 13. Jahrhundert alte Monument für das Leben des 21. Jahrhunderts neu zu „verdrahten“ und dabei „nostalgische Rekonstruktionen“ zu vermeiden. Die Renovierung sollte die „heilige“ Vorstellung eines historischen Gebäudes entmystifizieren und seine Anpassungsfähigkeit betonen.  

Definition „Palimpsest“

Wenn „Palimpsest“ im Kontext eines Gebäudes verwendet wird, bedeutet es, dass das Gebäude Spuren seiner früheren Nutzungen, Umbauten oder architektonischen Stile behält, die durch neuere Ergänzungen oder Veränderungen hindurchscheinen.

Man kann sich das so vorstellen:

Sichtbare Schichten: Ähnlich wie bei einem beschriebenen und neu beschriebenen Pergamentblatt kann man an einem Gebäude verschiedene „Schichten“ seiner Geschichte ablesen. Das können alte Fensteröffnungen sein, die zugemauert wurden, aber noch als Schatten in der Fassade erkennbar sind, oder unterschiedliche Mauerwerke, die auf verschiedene Bauphasen hindeuten.

Geschichte, die durchscheint: Ein Palimpsest-Gebäude erzählt seine Geschichte durch seine physische Erscheinung. Man sieht nicht nur den aktuellen Zustand, sondern auch die Spuren dessen, was vorher war. Zum Beispiel ein ehemaliges Industriegebäude, das zu Wohnungen umgebaut wurde, aber noch Elemente wie große Rolltore oder Ladebuchten als Erinnerung an seine industrielle Vergangenheit behält.

Kontinuität und Wandel: Es geht darum, wie sich ein Gebäude im Laufe der Zeit verändert und an neue Bedürfnisse anpasst, ohne seine Identität vollständig zu verlieren. Die alten Elemente sind nicht komplett ausgelöscht, sondern werden Teil einer neuen Erzählung.

Beispiele:

Eine Kirche, die ursprünglich romanisch war, später gotische Erweiterungen erhielt und im Barock umgestaltet wurde – die verschiedenen Epochen sind immer noch erkennbar.

Ein altes Lagerhaus, das in ein modernes Bürogebäude umgewandelt wurde, wobei die ursprüngliche Ziegelstruktur und die hohen Decken erhalten blieben, aber moderne Glaselemente hinzugefügt wurden.

Eine Stadtmauer, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder repariert, erhöht oder mit neuen Toren versehen wurde – jede Reparatur ist eine neue Schicht im „Palimpsest“ der Mauer.

Kurz gesagt: Ein Gebäude als Palimpsest bedeutet, dass es wie ein Geschichtsbuch ist, dessen Seiten nicht komplett neu geschrieben, sondern überlagert wurden, sodass man immer noch die ursprünglichen Einträge erahnen kann.

Die Dachterrasse als beliebtes Ausflugsziel

Zu den wichtigsten architektonischen Eingriffen gehörten die Schaffung neuer öffentlicher Wege durch das Gebäude, die Installation eines schwebenden Stahl- und Glasbodens über dem zentralen Innenhof, der diesen in eine Art „Indoor-Campo“ oder öffentlichen Platz verwandelte.

Ein Pavillon aus dem 19. Jahrhundert auf dem Dach wurde wiederbelebt und in eine Holzterrasse mit Panoramablick über Venedig umgewandelt. Neue Rolltreppen verbesserten die vertikale Zirkulation, während wichtige historische Räume erhalten blieben und die Galerien als Flächen für Fresken – diesmal in zeitgenössischer Form – wiederhergestellt wurden.  

Der Fondaco dei Tedeschi war mehr als nur ein Luxuskaufhaus

Er beherbergte eine Vielzahl von Luxusmarken wie Gucci, Valentino und Bottega Veneta , bot aber auch ein gastronomisches Restaurant (Amo Venezia, 3 Sterne) unter der Leitung von Chefkoch Massimo Alajmo , Souvenirläden und Geschäfte lokaler Handwerker. Das Gebäude etablierte sich auch als kultureller Knotenpunkt, der regelmäßig Kunstinstallationen, Ausstellungen, Konzerte und kulturelle Veranstaltungen beherbergte, insbesondere auf seiner Dachterrasse und im zentralen Innenhof.

Die spektakuläre Dachterrasse war eine Hauptattraktion, die zwar kostenlos zugänglich war, aber eine vorherige Reservierung erforderte. Sie zog Touristen wegen ihrer einzigartigen Panoramablicke an , während Einheimische das historische Gebäude oft als Abkürzung zwischen Campo San Bartolomeo und Rialto nutzten. Das Konzept wurde bei seiner Eröffnung als „das wichtigste und beeindruckendste neue Einzelhandelskonzept der letzten zehn Jahre“ bezeichnet.  

Die jüngste Geschichte des Fondaco dei Tedeschi offenbart eine komplexe Dynamik

Die OMA-Renovierung war eine visionäre Leistung, die das Gebäude erfolgreich als öffentlichen Raum und kulturellen Treffpunkt etablierte. Die Beliebtheit der Dachterrasse und die Nutzung als Abkürzung durch Einheimische zeugen vom Erfolg, das Gebäude in das städtische Leben Venedigs zu integrieren und eine „bürgerliche Energie“ zu schaffen.

Doch trotz dieser Erfolge als öffentlicher und kultureller Raum scheiterte das kommerzkonzept der DFS Group. Dies deutet auf eine mögliche Trennung zwischen architektonischer Innovation bei der Anpassung von Kulturerbe und der Realität der kommerziellen Rentabilität hin. Der Erfolg des Gebäudes als öffentlicher Raum verhinderte nicht das Scheitern seines primären kommerziellen Mieters. Die Abhängigkeit von Touristenzahlen, insbesondere aus Asien , erwies sich als zweischneidiges Schwert.

Während der Tourismus die Grundlage für das Geschäftsmodell bildete, machten die Schwankungen in diesem Sektor das Unternehmen anfällig. Dies zeigt, dass selbst beliebte Attraktionen scheitern können, wenn ihr Geschäftsmodell zu eng an spezifische, volatile Touristendemografien gebunden ist oder wenn die „kostenlosen“ öffentlichen Vorteile (wie der Dachterrassenblick) nicht ausreichend in „bezahlte“ kommerzielle Aktivitäten umgewandelt werden können.  

Die Geschichte des Hauses: Eine Zeitreise durch Jahrhunderte venezianischer Geschichte

Die Geschichte des Fondaco dei Tedeschi reicht weit zurück und spiegelt die bewegte Vergangenheit Venedigs wider. Das Gebäude, dessen Name „Lagerhaus der Deutschen“ bedeutet – abgeleitet vom arabischen Wort „funduk“ für eine Kombination aus Lagerhaus, Geschäft und Gasthof für reisende Kaufleute – wurde erstmals 1228 errichtet. Es befindet sich strategisch günstig am Fuße der Rialtobrücke direkt am Canal Grande.  

In seiner ursprünglichen Funktion diente der Fondaco als Herberge und Lagerhaus für die deutschen Kaufleute und ihre Importe. Er spielte eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Republik Venedig, indem er als zentraler Umschlagplatz für Waren aus dem Norden und Osten fungierte.

Die Venezianische Republik profitierte von diesen Transaktionen, indem sie eine Kommission auf die dort getätigten Geschäfte erhob. Der ursprüngliche Fondaco, der auf historischen Karten und Gemälden wie Vittore Carpaccios „Wunder der Reliquie des Kreuzes an der Rialtobrücke“ zu sehen ist, besaß zwei zentrale Innenhöfe und bestand aus vielen kleineren Gebäuden für Lagerung und Wohnzwecke.  

Im Jahr 1505 wurde der Fondaco dei Tedeschi durch einen Brand vollständig zerstört

Dies stellte eine ernsthafte Bedrohung für die über Jahrhunderte etablierten Handelsnetzwerke dar. Glücklicherweise wurde das Gebäude zwischen 1505 und 1508 im Stil der Renaissance wiederaufgebaut. Der Architekt Giorgio Spavento war maßgeblich am Wiederaufbau beteiligt. Das neue Gebäude war deutlich größer als sein Vorgänger und verfügte über einen zentralen Innenhof, 56 Zimmer und zahlreiche zusätzliche Lagerräume, die Platz für über hundert Kaufleute, Diener und Verwaltungsbeamte boten.

Die Architektur des wiederaufgebauten Fondaco zeichnete sich durch eine hohe architektonische Exzellenz und Pracht aus. Sie integrierte auch islamische Architekturelemente, wie Treppen, die denen der Wakala al-Ghauri in Kairo ähneln, und große Bögen im Erdgeschoss, die mit kleineren Bögen darüber kombiniert wurden, vergleichbar mit dem Design der Großen Moschee in Damaskus.  

Die Fassade des nach dem Brand errichteten Gebäudes wurde um 1508 mit lebhaften polychromen Fresken von Giorgione und Tizian Vecellio verziert. Diese Kunstwerke verwandelten den Fondaco in einen prächtigen Palast der deutschen Kaufleute. Bedauerlicherweise sind heute nur noch wenige Fragmente dieser Fresken erhalten, da sie durch die salzige Luft und das feuchte Klima der Lagune stark verwittert sind.

Einige erhaltene Fragmente werden heute in der Ca’ d’Oro und den Gallerie dell’Accademia in Venedig aufbewahrt. Das Schicksal dieser Fresken verdeutlicht die anhaltende Herausforderung, vergängliche Kunst in Venedigs einzigartigem Klima zu bewahren. Selbst Meisterwerke waren den Umwelteinflüssen ausgesetzt, was auch moderne Restaurierungsansätze beeinflusst hat, wie die Entscheidung von OMA, zeitgenössische Formen für Fresken zu wählen, anstatt die verlorenen Originale zu rekonstruieren.  

Der Fondaco dei Tedeschi diente bis zur Ankunft Napoleons im Jahr 1806 ununterbrochen als deutscher Handelsposten.

Danach wurde er unter Napoleon als Zollhaus und unter Mussolini als Postamt genutzt. Seit 1987 steht das Gebäude unter Denkmalschutz.  

Die Geschichte des Fondaco dei Tedeschi ist ein fortlaufender Zyklus von Zerstörung, Wiederaufbau und Umnutzung. Von einem Handelsposten über ein Zollhaus und ein Postamt bis hin zu einem Luxuskaufhaus hat das Gebäude seine Funktion kontinuierlich an die jeweiligen Epochen angepasst. Dieser ständige Wandel, der von OMA als „Palimpsest“ beschrieben wurde, ist nicht nur architektonisch, sondern tief in der funktionalen Geschichte des Gebäudes verwurzelt.

Der Fondaco ist somit ein Mikrokosmos der venezianischen Geschichte selbst: eine Stadt, die sich ständig an veränderte geopolitische und wirtschaftliche Landschaften anpasst. Seine frühere Widerstandsfähigkeit und Fähigkeit zur Transformation bieten einen hoffnungsvollen Präzedenzfall für seine Zukunft.

Historische Nutzungen des Fondaco dei Tedeschi

1228 – 1505Handelsposten & Herberge für deutsche KaufleuteErste Errichtung; zentrale Rolle im venezianischen Handel; zwei Innenhöfe
1505Zerstörung durch BrandBedrohung der Handelsnetzwerke
1505 – 1806Handelsposten & Herberge für deutsche KaufleuteWiederaufbau im Renaissance-Stil (1505-1508); Fresken von Giorgione & Tizian (später verwittert); islamische Architekturelemente
1806 – ca. 1945Zollhaus (unter Napoleon), Postamt (unter Mussolini)Anpassung an neue politische und administrative Funktionen
1987DenkmalschutzErhalt des historischen Status
2014 – 2016RenovierungUmbau durch OMA (Rem Koolhaas) für DFS Group
2017 – 2025Luxus-Shopping-Mall & KulturzentrumBetrieb durch DFS Group; öffentliche Dachterrasse; Kunstausstellungen
Ab Mai/September 2025UngewissSchließung des Kaufhauses; Suche nach neuer Nutzung

Ausblick: Was die Zukunft für Venedigs Ikone bereithält – Zwischen Erbe und Neuanfang

Mit der bevorstehenden Schließung des Luxuskaufhauses steht der Fondaco dei Tedeschi erneut an einem Scheideweg. Die unmittelbare Herausforderung für die Eigentümer, die Benetton-Familie (Edizione Holding), besteht darin, eine neue, nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Nutzung für das Gebäude zu finden. Diese Aufgabe wird durch den Status des Fondaco als geschütztes Denkmal erheblich erschwert, da dieser „Änderungen stark einschränkt“.  

Die öffentliche Diskussion und die Vorschläge für die Nachnutzung spiegeln die breitere Debatte über Venedigs zukünftige Identität wider. Ideen reichen von der Umwandlung in Wohnraum für Venezianer bis hin zu einem großen Kultur- und Ausstellungsraum. Die Umwandlung in Wohnraum ist jedoch aufgrund der hohen Renovierungskosten und der denkmalschutzrechtlichen Auflagen, die solche Projekte wahrscheinlich verhindern würden, unwahrscheinlich.

Auch die Notwendigkeit eines weiteren Ausstellungsraums in Venedig wird von einigen Seiten hinterfragt. Dennoch könnte ein großer, dedizierter Kulturraum, der das gesamte Gebäude umfasst, eine einzigartige Ergänzung zur bereits reichen Kunstszene der Stadt darstellen.  

Der Fondaco dei Tedeschi könnte als Testfall für Venedigs zukünftige Stadtentwicklung dienen.

Die Stadt ringt mit Herausforderungen wie Entvölkerung und Übertourismus. Die Entscheidung über die Nutzung des Fondaco wird daher ein hoch sichtbarer und potenziell kontroverser Schritt sein, der die Prioritäten Venedigs – ob sie nun den Bedürfnissen der Bewohner, der kulturellen Bereicherung oder einer weiteren kommerziellen Ausrichtung dienen – widerspiegeln wird.

Es gibt bereits Präzedenzfälle in Venedig, wo historische Gebäude erfolgreich umgenutzt wurden. Die Procuratie Vecchie am Markusplatz beispielsweise wurde zu einem anerkannten Kunstzentrum. Auch das Negozio Olivetti dient heute als Museum für Kulturerbe, und Palazzi wie der Palazzo Grassi und Punta della Dogana wurden in bedeutende Museen umgewandelt. Diese Beispiele zeigen, dass eine kulturelle Nutzung historischer Gebäude in Venedig durchaus erfolgreich sein kann.  

Die Geschichte des Fondaco dei Tedeschi lehrt uns jedoch vor allem eines:

Das Gebäude hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder angepasst. Von einem geschäftigen Handelsposten über ein Zollhaus und ein Postamt bis hin zu einem modernen Luxuskaufhaus hat es seine Funktion kontinuierlich gewechselt. Diese historische Anpassungsfähigkeit, trotz seines geschützten Status, deutet darauf hin, dass eine neue Bestimmung nicht nur wahrscheinlich, sondern dem Wesen des Gebäudes inhärent ist.

Die Schließung der DFS Group ist somit nicht das Ende, sondern lediglich ein weiterer Katalysator für eine erneute Transformation. Die aktuelle Unsicherheit sollte daher nicht als Krise, sondern als Chance verstanden werden. Es ist die Gelegenheit für den Fondaco, seine nächste, vielleicht noch passendere Iteration in der fortlaufenden Geschichte Venedigs zu finden, die die Bewahrung des Erbes mit den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft in Einklang bringt.

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Fotogalerie Fondaco dei Tedeschi